pflegenetz: kurz gefragt? – klar geantwortet! – zwei prägnante Fragen, eine Expertin bzw. ein Experte, ein Thema.
Kompakt, klar und relevant: Damit Sie die Entwicklungen im Gesundheits- und Pflegesektor stets im Blick behalten.
In dieser Folge steht der mögliche Wegfall von Pflegegrad 1 im Mittelpunkt – ein Thema, das aktuell kontrovers in Deutschland diskutiert wird. Im Fokus stehen Fragen u. a. zur Versorgungssicherheit, zur politischen Entscheidungsfindung und zur pflegefachlichen Einschätzung. Um die Debatte fundiert einordnen zu können, haben wir Frau Cindy Steinhöfel zwei gezielte Fragen gestellt.
Welche Folgen hat es für Betroffene, wenn die Regierung den Pflegegrad 1 abschafft?
**Antwort der Expertin:**
Besonders sichtbar wird das Ungleichgewicht zwischen ökonomischen und pflegefachlichen Einschätzungen in der aktuellen Diskussion um den möglichen Wegfall von Pflegegrad 1. Mit einem Wegfall oder Erhöhung von Voraussetzungen würden Betroffene genau die Leistungen verlieren, die ihnen helfen, selbstständig zu bleiben – Entlastungsangebote, Zuschüsse zur Wohnraumanpassung und Beratungen. Das wäre ein fatales Signal, denn es würde viele Menschen in ihrer Lebensrealität nicht ernst nehmen. Kurzfristig mögen solche Maßnahmen Geld sparen, langfristig führen sie jedoch zu höheren Gesamtkosten, mehr Vereinsamung und einer stärkeren Belastung von Angehörigen und Kommunen. Sinnvoller wäre es, zunächst die geplante wissenschaftliche Evaluation des Pflegegradsystems abzuwarten, bevor über strukturelle Änderungen entschieden wird.
Warum gibt es so wenig Forschung zu Pflegebedürftigkeit und könnte dieses Defizit politische Entscheidungen verzerren?
**Antwort der Expertin:**
In Deutschland fehlt es nach wie vor an einer starken, eigenständigen Pflegeforschung. Der Fokus der Förderung liegt weiterhin auf der ärztlichen Versorgung, während das Phänomen der Pflegebedürftigkeit kaum erforscht und unterfinanziert bleibt. Das hat zur Folge, dass politische Entscheidungen häufig auf einer schwachen Datenlage beruhen und vorrangig aus ökonomischer Sicht getroffen werden. Die starren Strukturen und Kostenlogiken im Gesundheitssystem erschweren zudem den Blick auf die tatsächliche Lebenssituation der Betroffenen. Statt den dringend notwendigen Aufbau von Unterstützungsstrukturen zu fördern, wird viel zu oft über Rationierung und Sanktionierung gesprochen.
**Vielen Dank an Cindy Steinhöfel für ihre fundierte, kompakte Einordnung und die differenzierte pflegefachliche Perspektive. Ihre Einschätzungen helfen dabei, die Diskussion um den möglichen Wegfall von Pflegegrad 1 sachlich zu verstehen und differenziert einzuordnen.**
🎧 Der dazugehörige Podcastbeitrag erscheint in Kürze – bleiben Sie gespannt! 💡
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