Hilfswerk: „Bericht der Taskforce Pflege zeigt, welche Anstrengungen das Projekt Pflegereform noch erfordert.“

Bericht der Taskforce Pflege stellt zahlreiche Reformaspekte vor – viele richtig, manche kritisch, wesentliche offen. Politische Bewertung und Umsetzung müssen nun folgen.

Wien (OTS) – Am Sonntag, den 14. Februar 2021, präsentierte das Sozialministerium den von der Gesundheit Österreich GmbH (GÖG) verfassten Ergebnisbericht der im Vorjahr eingesetzten Taskforce Pflege. Dieser fasst die Resultate eines breit aufgestellten Diskussionsprozesses zusammen, in den eine Vielzahl an Stimmen von Experten/Expertinnen und Verantwortungsträgern/-innen des Pflegesektors eingeflossen sind. Entsprechend umfassend fällt der Bericht aus. „Das Handlungsfeld mit seinen vielfältigen Details ist nun abgesteckt. Jetzt stehen politische Entscheidungen und die effektive Umsetzung an. Dafür wird man Weitblick, Mut und ein gutes Zusammenspiel zwischen Bund, Ländern und Gemeinden brauchen“, meint Elisabeth Anselm, Geschäftsführerin des Hilfswerk Österreich.

Politische Entscheidungen, fachliche Detailarbeit und effektive Zielsteuerung gefragt

Im Hilfswerk, das sich als führende Pflegeorganisation entsprechend in den Prozess eingebracht hat, ist man froh, dass der Bericht nun vorliegt: „Das Papier legt die vielfältigen Aspekte des politischen Handlungsfeldes dar. Das ist seine große Stärke. Denn damit wird deutlich, dass die anstehende Pflegereform kein Spaziergangsondern eine Mammutaufgabe ist. Was es nun dringend braucht, ist die politische Bewertung unter konsequenter Rückbesinnung auf das Regierungsprogramm sowie eine entsprechende Entscheidungsfindung und Prioritätensetzung samt Zeitplan und Budgetansätzen“, meint Anselm. Auch müsse man laut Hilfswerk noch Zeit und Expertise in die fachliche und politische Konkretisierung möglicher Maßnahmen sowie deren detaillierte Umsetzung investieren. Die Bewältigung der Pflegereform verlange aufgrund der Kompetenzlage jedenfalls ein gut koordiniertes Zusammenwirken von Bund, Ländern und Gemeinden. Die angedachte Zielsteuerung könne laut Hilfswerk ein effektives Instrument im Kontext sein. Wichtig sei diesbezüglich eine effiziente Aufstellung des Prozesses und die Einbindung von Umsetzungsexpertise und Praxiswissen, erläutert Anselm.

Warnung vor Verwaltungsaufblähung: Heil der Pflegereform liegt nicht in mehr Bürokratie!

Kritisch sieht man im Hilfswerk eine Tendenz zu mehr Verwaltung im Bericht. „Verbesserungen im Case Management, Pflege-Lotsen, Community Nurses – alles im Grunde gut gemeinte, wenn auch teilweise redundante Ansätze“, kommentiert Anselm den Bericht, warnt aber: „Wir müssen aufpassen, dass wir das Heil der Pflegereform und die Lösung der Probleme nicht in der Aufblähung der Verwaltung suchen. Das wäre eine fatale Sackgasse!“ Es müsse in jedem Falle um die Etablierung nutzenstiftender Dienstleistungen und Anlaufstellen für Betroffene und Angehörige gehen, keinesfalls aber um die Schaffung von Parallelstrukturen, die wertvolles Fachpersonal in den Amtsstuben binden und den bürokratischen Aufwand erhöhen. „Jede weitere Schnittstelle bringt mehr Abstimmungsbedarf, mehr Dokumentationsbedarf – und damit ein Mehr an Tätigkeiten, die die Pflege von den Betroffenen und Angehörigen entfernen, und überdies unsere Fachkräfte zermürben und frustrieren. Die verfügbaren Ressourcen müssen im Sinne der Effizienz und des Nutzens für die Betroffenen direkt in die Dienste am Menschen investiert werden“, ist Anselm überzeugt.

Personalfrage entscheidend: Wichtige Vorhaben aus Regierungsprogramm mitnehmen

Als „Herzstück“ der Pflegereform bezeichnet das Hilfswerk die Personalfrage. „Wenn es uns nicht gelingt, genügend Menschen für die Pflege- und Betreuungsberufe zu gewinnen, bleibt die Reform Makulatur. Denn: ohne Personal keine Pflege“, bringt Anselm das Thema auf den Punkt. Zur Personalthematik seien laut Hilfswerk im Bericht eine Reihe zielführender Ansätze enthalten, etwa die gezielte Attraktivierung der Pflegeberufe, neue Formen der Ausbildung oder die Sicherung des Lebensunterhalts für Umsteiger/innen. Man werde aber, so Anselm, einen systematisch durchdachten und zwischen Bund und Ländern gut abgestimmten „Masterplan“ brauchen, der den Bedarf regional und berufsgruppenspezifisch auf effektive Maßnahmen der Personalgewinnung herunterbricht. „Dazu fehlt uns noch ein erheblicher Teil der Strecke“, meint Anselm. Wichtig sei laut Hilfswerk jedenfalls, dass man angesichts des Bedarfs auf eine möglichst große Vielfalt von Wegen in den Pflegeberuf setze. Das wäre bereits im türkis-grünen Regierungsprogramm angelegt, wo neben der Implementierung von Pflegeausbildungen in Berufsbildenden Höheren Schulen auch ein dualer Zugang zum Berufsfeld in Form einer Lehre für die Pflegeassistenz festgeschrieben sei – mit altersspezifischem Curriculum und guter horizontaler sowie vertikaler Durchlässigkeit im Berufsfeld.

Stärkung der Pflege zuhause: Unterstützung pflegender Angehöriger spürbar verbessern

Als völlig richtig sieht man beim Hilfswerk die im Bericht der Task Force Pflege angelegte Stärkung der Pflege zuhause sowie Vorschläge zur Verbesserung der Situation pflegender Angehöriger. Aus Sicht des Hilfswerks gehört der Ausbau der Angebote in den mobilen Diensten samt mehrstündiger Tagesbetreuung zu Hause zu den wirksamsten Maßnahmen zur Entlastung von pflegenden Angehörigen. Gerade im Falle von demenziellen Beeinträchtigungen könne eine mehrstündige Tagesbetreuung eine erhebliche Verbesserung für pflegende Angehörige bringen, weil selbige ihnen Zeit zur Erholung und für Sozialkontakte, aber auch für Erledigungen und Wege verschaffe. Mindestens genauso hilfreich für die Betroffenen wäre eine Modernisierung des Pflegegeldsystems, insbesondere die Systematik der Einstufung bzw. die Praxis der Begutachtung. Das Pflegegeld hat für Menschen, die zu Hause gepflegt und betreut werden, sowie für pflegende Angehörige eine besondere Bedeutung. Erkrankungen, welche mit psychosozialen Beeinträchtigungen einhergehen, wie beispielsweise Demenz, werden aber nach wie vor nicht hinreichend abgebildet. Und auch grundsätzlich überfordert die unvorbereitete und unbegleitete Begutachtung im häuslichen Umfeld die Betroffenen oftmals und führt immer wieder zu inadäquaten Ergebnissen.

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