INTERDISZIPLINÄRES SHUNTMONITORING

Interdisziplinäres Shuntmonitoring

Ein ausführliches Wissensmanagement über die individuellen Shuntpunktionen der DialysepatientInnen ist eine wichtige Voraussetzung für eine optimale Dialysequalität sowie eine lange Lebensdauer des Gefäßes.

 

„Lebensader Shunt“

Das arteriovenöse Shuntgefäß ist eine chirurgisch angelegte Verbindung zwischen einer Arterie und Vene. Die daraus entstehende arterialisierte Vene wird von Fachpflegepersonen einer Dialysestation zur Durchführung der Dialysebehandlung mit Kanülen punktiert. Der Shunt ist demnach die Lebensader der DialysepatientInnen und erfordert einen hohen Stellenwert in der Dialysefachpflege. Die Shuntpunktion ist für Pflegepersonen sowie für PatientInnen einer Dialysestation eine der wichtigsten und herausforderndsten Tätigkeiten zugleich. Die Wichtigkeit der Dokumentation gewisser Einzelheiten darf als Informationsweitergabe innerhalb des interdisziplinären Teams bezüglich einer erfolgreichen Shuntpunktion, sowie einer positiven Entwicklung des Shuntgefäßes nicht unterschätzt werden.

 

Das „interdisziplinäre Shuntprotokoll“

In meiner damaligen Position als pflegerische Bereichsleitung einer Dialyseeinrichtung und Stabsstelle der Pflegeentwicklung/Pflegeinformatik habe ich mich diesem Thema angenommen und mit meinem Team sowie der Firma Care Solutions ein digitales interdisziplinäres Protokoll zum Shuntmonitoring entwickelt. Dieses Protokoll wurde in die bereits bestehende digitale PatientInnendokumentation der Firma Care Solutions integriert und interagiert somit mit den anderen Modulen (medizinische und pflegerische Dokumentation) und deren Funktionen.
Nach einer mehrjährigen Entwicklung des Protokolls wurde dieses im Dezember 2014 implementiert und erweitert.

 

Inhalte des Shuntprotokolls

Das Protokoll enthält alle notwendigen Inhalte zum Thema Shunt. Inhalte und Begriffe sowie die dahinterliegenden Prozesse nehmen auf die Erfahrungen der Fachpflegenden, Ergebnisse diverser Literaturrecherchen sowie pflegewissenschaftliche Hintergründe Bezug.
Für Dialyseeinheiten stehen im Bereich des klinischen Shuntmonitorings vor allem die Möglichkeiten der Inspektion, Palpation, Auskultation sowie eines Elevationstests und die Bestimmung der Dialyseeffektivität (ktV) zur Verfügung. Das apparative Shuntmonitoring umfasst unter anderem die Flussmessung, eine Rezirkulationsmessung sowie das dynamische Druckmonitoring über das Dialysegerät während der laufenden Behandlung. Auch die Punktion jeder Behandlung ist zu dokumentieren. All diese Aspekte wurden im Shuntprotokoll berücksichtigt.

Das Shuntprotokoll gliedert sich in fünf Bereiche: „der Shunt“, „Klinik“, „Shuntmonitoring“, „Punktionsprotokoll“ und „kritisch“. Im ersten Teil wird der Shunt beschrieben. Shunt- und Punktionsart, Punktionstechnik und die Punktionskanülen sowie Besonderheiten zur Punktion oder während/nach der Behandlung werden hier dokumentiert. Die Aspekte des klinischen Shuntmonitorings werden im zweiten Bereich erfasst. Das apparative Shuntmonitoring und Informationen über die Shuntstrecke, welche per Ultraschall festgelegt werden konnten, werden im dritten Bereich dokumentiert. Im Bereich des Punktionsprotokolls wird die Punktion zu jeder Behandlung beschrieben. Arterielle und venöse Kanüle können hier getrennt voneinander erfasst werden. Komplikationsarten, Punktionsversuche und Angaben zu beispielsweise „Selbstpunktion“ geben für weitere Behandlungen konkrete Informationen. Im kritischen Bereich sollen Informationen dokumentiert werden, welche für das Shuntgefäß als auch für DialysepatientInnen selbst als gefährlich bzw. lebensbedrohlich eingestuft werden. Darunter fallen beispielsweise Hautdystrophien und Aneurysmen. Das abgeleitete Procedere wird hier ebenfalls festgehalten. Dies kann von Edukationsmaßnahmen bis hin zu chirurgischen Eingriffen reichen.

Um das neue Tool der Shuntdokumentation zu leben, wurden damals zusätzlich Prozesse definiert und als hausinterne Richtlinien in den Praxisalltag integriert (z.B.: halbjährliche Fotodokumentation des Shuntarmes, routinemäßige Shuntflussmessung pro Quartal).

 

Technische Umsetzung

Die als notwendig definierten Inhalte aus den vorangegangenen Literaturrecherchen wurden vorerst in einer Art Prototyp in einem Worddokument zusammengefasst und die gewünschten Funktionen dazu vermerkt. Anhand dieser Vorlage konnte das Protokoll mit einem flexiblen Formulardesigner konfiguriert werden.
Dropdownfelder mit vordefinierten Auswahlwerten, vorbelegte Defaultwerte sowie automatische Übernahmen der Gerätewerte unterstützen eine effiziente und standardisierte Dokumentation. Eigene Freitextkommentare können natürlich zur Ergänzung erfasst werden.
Manuell eingetragene Werte können als „Vitalparameter“ erfasst und in der digitalen Fieberkurve für MedizinerInnen angezeigt werden.

Direkt im Protokoll kann ein Userwechsel erfolgen. Dies ist ev. notwendig, wenn eine Fachpflegeperson im Protokoll eingeloggt ist aber die/der untersuchende Arzt/Ärztin einen Ultraschallbefund dokumentieren möchte.
Ebenso ergänzen etwaige angeführte Definitionen per Tooltip das Protokoll, sodass der User bei der Auswahl der Werte unterstützt wird. Dies ist vor allem bei neuen MitarbeiterInnen relevant.
Da zu jeder Behandlung das Protokoll auszufüllen ist, können die bereits erfassten Inhalte der letzten Behandlung per Button übernommen werden. Dies spart dem User Zeit, da die Inhalte nur bei Bedarf aktualisiert werden müssen. Ebenso ist durch die fortlaufende Dokumentation eine gute Übersicht der Shuntentwicklung gewährleistet.

Punktionsberichte können erfasst und an beliebigen Stellen der digitalen PatientInnendokumentation angezeigt werden.
Das Shuntprotokoll wurde in eine eigene View (Ansicht) integriert. In diese werden außerhalb des Protokolls relevante Informationen sowie in einem Verlauf die Fotodokumentation des Shuntarmes angezeigt, sodass bei der Visite nicht unbedingt das Shuntprotokoll geöffnet werden muss, um zu relevanten Informationen zu gelangen.
Farbliche Markierungen bei unter-/überschreiten von Grenzwerten in der digitalen Fieberkurve bei einer laufenden Behandlung oder bei Routinemessungen geben den Betreuenden rasch Hinweise auf aktuelle Probleme und ggf. abzuleitende Maßnahmen. Des Weiteren können anhand konfigurierter Werte automatisch todo´s für weitere Kontrollmaßnahmen generiert werden.

Ebenso ist es möglich die hausinternen Prozesse bzgl. Shuntmonitoring per todo´s in der digitalen PatientInnendokumentation zu unterstützen. Diese werden automatisch mit den hinterlegten Intervallen generiert und können von der zuständigen Berufsgruppe abgearbeitet werden. Das Protokoll kann natürlich auch für Ferienaufenthalte oder stationäre Aufnahmen der PatientInnen gedruckt bzw. im Arztbrief ergänzt werden.

Shuntprotokoll, Bereich “der Shunt”, mit ergänzendem Hinweistext per Tooltip bei Kryotherapie

 

Shuntprotokoll, Bereich “Punktionsprotokoll”, mit hinterlegten Auswahlwerten bzgl. Komplikationsarten bei Shuntpunktion

 

Ansicht des Shuntprotokolls mit übersichtlicher und fortlaufender Darstellung relevanter Informationen

 

Inhalte des Protokolls wurden vor allem durch folgende Fachliteratur definiert:
B., Spindler et al, (2012), Gefäßzugang zur Hämodialyse, 2. Auflage, Fachverband nephrologischer Pflegegruppen (fnb); www.nephro-fachverband.de
G., Breuch, W. Servos, (2007), Dialyse für Einsteiger, Urban & Fischer, München.
Ch., Sokol, U., Hoppenworth (2006), Arbeiten mit Dialysepatienten, Springer Verlag, Heidelberg.

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Viktoria Redl

Viktoria Redl ist diplomierte Gesundheits- und Krankenpflegeperson, Pflegeinformatikerin und Produktverantwortliche für ein Pflegedokumentationssystem.

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